Organisationsentwicklung ohne Personaler
Obwohl sich Personalentwickler im Rahmen ihrer Tätigkeit immer wieder mit Fragen der Organisationsentwicklung konfrontiert sehen, werden sie vom Management nur ausnahmsweise als Business-Partner in Reorganisationsprozessen einbezogen. Zu diesem Schluss kommen zwei Studien, die der Lehrstuhl für Personalmanagement, Organisation und Unternehmensführung an der Universität Siegen in den Jahren 2002 und 2004 unter 224 Personalentwicklern sowie 457 ‚internen Kunden’ durchführte.
Obwohl es in nahezu allen befragten Unternehmen in den zurückliegenden Jahren zu Reorganisationen, Fusionen et cetera gekommen ist, wird die Aufgabe des 'Change-Agents' kaum von Personalentwicklern wahrgenommen. Nur ein verschwindend kleiner Anteil der befragten Personalentwickler ist zurzeit mit Projekten beschäftigt, die über die klassische, personenzentrierte Perspektive der Personalentwicklung hinausgehen und primär auf Strukturen, Kulturen oder kollektive Kompetenzen abzielen. So haben zum Beispiel nur 0,9 Prozent der Befragten als wichtiges Ziel die Bereichsentwicklung angegeben, an Kompetenzmodellen arbeiten 1,3 Prozent der Befragten mit hoher Priorität.
Manager sehen in Personalentwicklern keine Business-Partner
Die befragten internen Kunden verbinden mit Personalentwicklung primär Nutzenstiftungen auf der Personenebene – und bestätigen damit das Selbstbild der Personalentwickler. Hier erhoffen sie sich den Aufbau von Führungskompetenz und sozialer Kompetenz. Auf der Kooperationsebene erwarten die HR-Kunden Beiträge zur Verbesserung des Kooperationsverhaltens in den Teams/Bereichen, die Stärkung des 'Wir-Gefühls' oder die klare Abgrenzung von Kompetenzen sowie die Unterstützung und Beratung von Vorgesetzten bei der Entwicklung und Führung von Teams. Allerdings schätzen die Führungskräfte die aktuelle PE-Arbeit hier deutlich schlechter ein, als dies auf der Personenebene der Fall ist.
Das Bewusstsein für PE-Beiträge, die über die Personenebene hinausgehen, ist insgesamt sehr gering und interessanterweise auch bei Geschäftsführern nicht stärker ausgeprägt als im mittleren Management. Offensichtlich sieht die erste Führungsebene in der Personalentwicklung nicht den Business-Partner, von dem Beiträge zur Umsetzung der Unternehmensstrategie oder zur Geschäftsentwicklung zu erwarten sind. Dass sich daran wenig ändern wird, zeigen die Antworten auf die Frage, nach welchen Kriterien Geschäftsführer PE-Arbeit künftig beurteilen werden. Nur 16 Prozent der Befragten führen hier den PE-Beitrag zur Umsetzung der Unternehmensstrategie, zur Erreichung der Unternehmensziele oder ähnliche Kriterien an. Weniger als 15 Prozent der befragten Führungskräfte beurteilen die aktuelle Arbeit der Personalentwicklung beziehungsweise deren Beitrag auf der Organisations- und Unternehmensebene positiv.
Quelle: PERSONALmagazin
(Nr. 2/2005)