Basel II kÖnnte personalentwicklung messbar machen
Mit dem Abkommen Basel II treten Ende 2006 neue Regeln für die Bewertung der Kreditwürdigkeit von Unternehmen in Kraft. Für die HR-Ressorts bedeutet die Prüfung von harten und weichen Faktoren eine Chance zur Aufwertung, vorausgesetzt, sie liefern den Bankern Kennzahlen, mit denen diese den Wertschöpfungsbeitrag der Personalarbeit berechnen können.
Die Vorgaben von Basel II legen fest, dass die Banken genauer hinsehen müssen, wenn sie die Qualität eines Kreditnehmers untersuchen. Während bislang eine oberflächliche Betrachtung der Firmen ausreichte, müssen sich die Banken neu anhand eines ganzen Bündels von Kennzahlen darüber vergewissern, wie kreditwürdig ein Unternehmen ist. Und diese Anforderung der genauen Prüfung bezieht sich nicht nur auf klassische Bereiche wie die Bilanz und die Marktstellung des Unternehmens: "Künftig sollen auch die weichen Faktoren in die Bonitätsprüfung eingehen", beschreibt Miriam Brockhaus, Autorin des Buches 'Basel II. Was das neue Credit-Rating für mittelständische Unternehmen bedeutet', wie weit das neue Prüfverfahren reicht.
Etabliertes Personalmanagement führt zu günstigeren Kreditkosten
Im Klartext: Auch das Personalmanagement kann und soll inskünftig Gegenstand der Prüfung werden. Die mögliche Folge: Sind Rekrutierung, Entwicklung und Talent-Management gut aufgestellt und kann das Unternehmen dies auch schwarz auf weiss nachweisen, bringt das bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit, dem so genannten Rating, Pluspunkte. Zu rund 20 Prozent fliessen sogenannt weiche Faktoren in die Bewertung im Rahmen eines internen Ratings ein. Dazu zählt beispielsweise die Qualität des Managements, der Informationssysteme oder der Personalentwicklung. Ferner zählt die Regelung der Nachfolge dazu
– und zwar nicht nur hinsichtlich des Inhabers, sondern auch mit Blick auf die übrigen Führungskräfte der ersten und zweiten Ebene!
"Für das Personalmanagement ist das Rating eine echte Chance, einen Gewinnbeitrag nachzuweisen", taxiert Dr. Hans Böhm, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP), Düsseldorf, die neue Lage. Er betont in diesem Zusammenhang, was auch Rating-Expertin Miriam Brockhaus hervorgehoben hat: "Der Nutzen von Personalentwicklung und Weiterbildung schlägt sich in einer besseren Rating-Note und damit in niedrigeren Kreditkosten nieder."
Interesse der Personalverantwortlichen hält sich in Grenzen
Im Moment freilich scheint die Hoffnung, dass Personaler nach den neuen Chancen greifen, wenig begründet. Das HR-Ressort steht Basel II eher passiv gegenüber. Zwar habe man in Kreisen der DGFP bereits über das Thema und die damit verbundenen Möglichkeiten diskutiert, erklärt Geschäftsführer Hans Böhm. Aber derzeit scheint das Interesse eher lau zu sein. "Das Thema ist noch völlig unbesetzt. Bislang hat sich hier noch kein Personalmanager als Experte profiliert", lässt der Saarbrücker Forscher Professor Christian Scholz seine Beziehungen zu Personalleitern Revue passieren. Die Ressorts scheinen teils (noch) mit anderen Aufgaben beschäftigt zu sein, teils ist das Thema noch gar nicht auf ihrem Radar aufgetaucht.
Quelle: managerSeminare (Ausgabe Januar 2006; S. 18-25)